Gestern erhielt ich Besuch. Er ist Russe, fand in Simferopol sein vermeintliches Lebensglück und folgte ihm nach Costa Rica. Er meinte er würde auf die Krim fliegen, hätte seit Monaten versucht mich zu kontaktieren da er mein Interesse um die Tataren wusste.
Sergio ist ein umtriebiger Abenteurer, er hat als begleitender Arzt der Expedition die Tico-Flagge am Südpol gesetzt, ähnliches geschah während einer Expedition in den peruanischen Anden. Ein kurzer check im Net beendete meinen plötzlichen Reisetraum – mindestens USD 3000 mit umständlichsten Flug war schlicht zu teuer.
Sergio ist begabt, kritisch und neugierig. Er hat „quick wit“ bei scharfen Verstand und folgte mich zu Erstaunen. „Er würde in Dresden Station machen“, Olga -hier hat er sich rückbesonnen, hätte wie immer einen sagenhaften Deal im net gefunden und es würde ihm bereichern das „Florenz des Nordens“ zu besuchen. Period.
Und sofort waren wir nach Dresden gebeamt und Kurt gesellte sich aus dem Bücherregal dazu. Natürlich meinte Sergio, hätte er in Russland Vonnegut gelesen. „Slaughterhouse Five“ kannte er jedoch nicht. Womit wir beim Thema waren.
1945, am Valentinstag, bereitete „Bomber Harris“ den Elbstädtern ein besonders Geschenk. Der Master Bomber, ein „Avro Lancaster“ oder eine „Flying Fortress“ bezog in der Nacht zum 14.Februar 1945 hoch über Dresden Position. Er war der Dirigent des folgenden Infernos. Ihn konnten die nachfolgenden Flugzeuge anpeilen und ihr dreiteiliges Konzert punktgenau aufführen. Als erstes kamen, dirigiert vom Master Bomber, die „Beleuchter“ oder „Blind Illuminators“ in der Fachsprache und brachten Licht in die schlafende Stadt. Dann, eine Welle von De-Havilland Zweisitzern setzt im Tiefflug rote und grüne flares um die Ziele auszuleuchten, und dann die großen Bomber mit dem Bomben von enormer Sprengkraft (3.5 ton. schwere blockbusters und 1.8 ton. schwere Brandbomben, cookies wie sie die Engländer liebevoll nennen). Sie brachen Türen, Fenster und Holz und leichte Bauten und legten Brände und machten Platz für den Blasebalg. Gewürzt wurde dieser Cocktail mit 3 kg schweren Magnesium-, Phosphor- und Petroleum Jelly Bombs, Material welches wir Deutschen Napalm nennen – alles unentbehrliche Ingredienzien für einen geplanten „Firestorm“.
Der erste registrierte „Firestorm“ ereignete sich am 8.Oktober 1881 in Peshtigo. Wegen der in dieser Zeit üblichen Brandrodung in Wisconsin befanden sich rund um die Stadt kleine Brandherde. Durch einen Sturm wurde die Schicht der warmen Luft, welche die kalte Luft zusammendrückte durchbrochen und wie durch Schlöte stieg die erwärmte Luft der Brandrodungen nach oben und löste einen Blasebalg-Effekt mit Temperaturen über 2000 Grad Fahrenheit mit Winden um 180 Km/h aus.
Gottseidank soll es in Dresden nicht so schlimm gewesen sein. Die von Flüchtlingen überlaufene Stadt, hatte nach übereinstimmenden Veröffentlichungen der verantwortlichen Behörden in 1945, sowie einer eingesetzten Historiker-Kommission nur 25 000 Opfer zu klagen – zehnmal mehr als Peshtigo, der kleinen Stadt an der Greenbay.
So hatte ich mir, viele andere und sehr wahrscheinlich auch die beauftragte, deutsche Nachkriegs-Kommission den Verlauf der Mission nicht vorgestellt. Simpel gedacht: eine Bomberwelle nach der anderen hätte diese Verwüstungen produziert. Das Harris Rezept war jedoch ein Verfahren aus dem es kein Entkommen gab: Man wurde entweder begraben, verbrannt oder starb weil die Luftwege geräuchert wurden. Nicht die Zerstörung der Stadt, der kriegswichtigen Anlagen, falls es sie gab, galt der Angriff. Er war das minuziöse Resultat eines geplanten Massenmordes, falls man Maßstäbe anlegt, welche für andere Vorkommnisse dergleichen Art verwendet werden.
Auf griechisch übersetzt heißt „alles verbrannt“ Holocaust und ich bin sicher Sergio wird sich seine Gedanken machen.
So it goes, Billy Pilgrim
Sources:
Dresden in Bildern, Valentinstag 1915